Die EU setzt also auf nationale Lösungen. Ein formelles Waffenembargo im Sinne des Art. 4 Abs. 2 Dual-Use Verordnung hätte im Vergleich zu dieser Entscheidung zu deutlich weitreichenderen Einschränkungen geführt: Ist gegen das Käufer- oder Bestimmungsland ein Waffenembargo im Sinne dieser Vorschrift verhängt, so greifen die sog. Catch-all Kontrollen, die sämtliche Arten von Gütern erfassen (nicht nur gelistete Waren), wenn diese Güter für eine militärische Endverwendung bestimmt sind oder bestimmt sein können. Nun obliegt es also den einzelnen Mitgliedsstaaten, eine angemessene Entscheidung zu treffen: In der deutsch-französischen Erklärung von Toulouse vom 16. Oktober 2019 haben Deutschland und Frankreich ausdrücklich die gegenwärtigen türkischen militärischen Aktivitäten in Syrien verurteilt und die Türkei zur Abkehr von ihrem Kurs aufgerufen. Eine ausdrückliche Einstellung aller Rüstungsexporte in die Türkei haben sie dort jedoch nicht erklärt. Die deutsche Bundesregierung erklärte in einer Regierungspressekonferenz vom 14. Oktober 2019, dass die Bundesregierung keine neuen Genehmigungen für Rüstungsgüter, die durch die Türkei in Syrien eingesetzt werden könnten, erteilen wird. Weiter heißt es: „Es gilt weiter, dass wir eine restriktive und verantwortungsvolle Rüstungsexportpolitik betreiben.“ Diese Aussagen der Bundesregierung deuten darauf hin, dass es nicht zu einer generellen Untersagung jeglicher Rüstungsexporte in die Türkei kommen wird. Es ist aber sicher, dass das Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle (BAFA) bzw. das Bundesministerium für Wirtschaft und Energie nun Genehmigungsanträge für Export von Rüstungsgütern in die Türkei genauer prüfen wird. Ähnlich, wie auch der offizielle Rüstungsexportstopp nach Saudi-Arabien, wird sich dies wohl auf die Geschäfte der deutschen Rüstungsindustrie auswirken, für die die Türkei ein umsatzstarker Kunde ist. |